Wie Defence-Unternehmen beim Kauf oder bei der Kooperation mit Start-ups Prozesse verbessern und Talente gewinnen

By Dennis Tanke

Der Druck auf traditionelle Hersteller im Verteidigungssektor wächst, weil digitale Technologien und neue Anbieter auf den Markt drängen. Die Beschaffungsfristen seitens der Beschaffer von Wehrtechnik werden ebenfalls kürzer. Eine Strategie, diesen Herausforderungen zu begegnen, ist der Kauf von oder die Kooperation mit vielversprechenden Start-ups. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit müssen zwei Hürden genommen werden: Erstens die Gestaltung von effizienteren und schnelleren Prozessen. Und zweitens das Überzeugen und Halten von Talenten.

Der Verteidigungssektor steht vor denselben Herausforderungen wie zivile Branchen: die digitale Transformation führt dazu, dass viele neue Akteure Technologien vorantreiben, die auch militärisch genutzt werden können. Natürlich investieren die Hersteller viel Geld, um ihre Verteidigungssysteme und Sicherheitstechnologien zu digitalisieren. Doch in vielen Bereichen, darunter KI und Automatisierung, können sie nicht mit der Entwicklung Schritt halten. Weil allein Konzerne wie Amazon, Alphabet, Microsoft oder Apple jeder für sich entweder mehr oder fast genauso viel in Forschung und Entwicklung investieren wie die gesamte globale Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungsindustrie. Deren jährliche F&E-Ausgaben beliefen sich nach Angaben der Strategieberatung PwC zuletzt auf circa 20 Milliarden US-Dollar. Mit diesem Geld wird auch der Kampf um die klügsten Köpfe finanziert.

Die Verteidigungsministerien drängen zudem auf kürzere Beschaffungszyklen, um neue Technologien schneller in ihr Arsenal zu Land, Luft und See integrieren zu können. Für die etablierten deutschen Hersteller im Wehrtechnikbereich, die an langfristig angelegte Projekte gewöhnt sind, lässt sich das nur mit einer Ausweitung der eigenen F&E-Bemühungen oder dem Kauf bzw. der Zusammenarbeit mit Start-ups lösen. Der zweite Ansatz ist günstiger, schneller und sicherer. Doch die Konkurrenz durch ausländische Unternehmen steigt. Das zeigt die steigende Zahl an sektorübergreifenden und sektorspezifischen Prüfverfahren, die im Rahmen der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) erfolgen: Wurden 2017 noch 66 Verfahren eingeleitet, waren es 2020 bereits 159. Sie sollen verhindern, dass ausländische Staaten und Unternehmen durch die Beteiligung oder den Erwerb von deutschen Herstellern und Entwicklern an sicherheitskritische Technologien gelangen. Außerdem werden selbst Großprojekte neuerdings europaweit ausgeschrieben: 2020 erhielt so das niederländische Unternehmen Damen Naval den Zuschlag für den Bau der neuen Fregatten des Typs F126 gegen die Konkurrenz aus Deutschland, allerdings mit der Hamburger Werft Blohm+Voss als Konsortialpartner.

Aufgrund unserer Erfahrung sollten deutsche Unternehmen ihre Strategie neu ausrichten. Der Kauf von oder die Zusammenarbeit mit Start-ups aus dem Hochtechnologiebereich kann dabei helfen, bei neuen Technologien gedanklich „vor die Lage“ zu kommen und besser auf neue Entwicklungen reagieren zu können. Das führt aber nur zum Erfolg, wenn die Strukturen und Prozesse entsprechend angepasst werden. Die größte Herausforderung besteht darin, die teils sehr unterschiedlichen Denk- und Arbeitsweisen von etablierten und neu auf den Markt gekommenen Unternehmen in Einklang zu bringen. Einem Start-up in der Post-Merger-Integration oder im Rahmen von gemeinsamen Projekten die alten Arbeitsweisen überzustülpen würde den Erfolg torpedieren und wichtige Fach- und Führungskräfte in die Fluktuation treiben.

Die Zusammenarbeit in die richtigen Bahnen lenken

Vor dem Hintergrund einer konventionellen Arbeitnehmerstruktur bietet die Zusammenarbeit mit Start-ups etablierten Unternehmen die Chance, sich als attraktiver Arbeitgeber zu beweisen. Folgende Handlungsempfehlungen geben wir Ihnen:

  • Die eigene Strategie bestimmt die Partnerwahl
    Zuerst gilt es zu analysieren, welche technologischen Entwicklungen relevant sind und wie sie sich auf die eigene strategische Ausrichtung auswirken. Danach können Start-ups gesucht werden, die als Übernahmekandidat oder Kooperationspartner bei der Umsetzung der Strategie weiterhelfen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Gründern sowie dem Know-how der Fach- und Führungskräfte.
  • Wichtige Know-how-Träger an das Unternehmen binden
    Vor allem bei Übernahmen sollte im Zuge einer HR Due Diligence (sofern möglich) oder spätestens in der Post Merger Integration die wichtigsten Know-how-Träger im Start-up identifiziert und ans Unternehmen gebunden werden. Doch auch bei Kooperationen hängt der Erfolg entscheidend von der Motivation und der Expertise der auf beiden Seiten beteiligten Mitarbeiter ab.
  • Prozesse und Strukturen anpassen
    Etablierte Unternehmen weisen oft eingefahrene Prozesse und Strukturen auf. Die Integration von Hard- und Software spielt bei Verteidigungssystemen eine Schlüsselrolle. Nicht nur bei Großprojekten wie den neuen Fregatten der Bundesmarine ist das Projektmanagement daher sehr komplex. Es muss sowohl komplizierte Detailfragen lösen als auch rasche technologische Entwicklungen in laufenden Projekten berücksichtigen können. Das erfordert eine flexible Projektstruktur und -methodik sowie ein gutes Schnittstellenmanagement.
  • Fach- und Führungskräfte weiterentwickeln
    Neue Strategien, Strukturen und Prozesse erfordern die Weiterentwicklung von Fach- und Führungskräften. In vielen Fällen gelingt das nur mit einem Wechsel im Management, um etwa neue Führungsinstrumente zu etablieren. Auf den wichtigsten Positionen sollte über Stellenprofile und Assessments der bisherigen Stelleninhaber geprüft werden, ob die notwendigen und tatsächlich vorhandenen Skills übereinstimmen. Sonst können neue Arbeits- und Kommunikationsmethoden nicht implementiert werden.

Fazit

Die Übernahme oder eine verstärkte Zusammenarbeit mit Start-ups stellt für traditionelle deutsche Unternehmen aus dem Verteidigungssektor eine Chance zur Weiterentwicklung dar. Diese kann aber nur ergriffen werden, wenn die Fach- und Führungskräfte von der Notwendigkeit zur Veränderung überzeugt werden und diese mittragen. Gegebenenfalls muss ein eingefahrenes Management ausgetauscht und durch neue Topleute ersetzt werden. Diese können auch aus verwandten Technologie-Branchen wie der zivilen Luftfahrt kommen. Wichtig ist die Fähigkeit, gut mit Start-ups und internationalen Partnern zusammenarbeiten zu können. Denn angesichts der Dynamik im Markt und der Komplexität der Aufgaben wird es künftig vor allem auf die Fähigkeit zu gutem Projektmanagement und Kooperation ankommen.

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