Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, nicht die Technik

By Benjamin Renk Maximilian Junck

Als Unternehmen in Zeiten des digitalen Wandels erfolgreich zu bestehen, ist sowohl für das Management als auch die Mitarbeiter eine echte Herausforderung. Zwar erkennen die meisten Unternehmen die Notwendigkeit einer Digitalisierungsstrategie und bringen sie auch auf den Weg, doch allzu oft beschränkt sich die Umsetzung auf die Einführung digitaler Tools und Prozesse. Die allein führen jedoch nicht zum Erfolg. Um die sich immer rascher ändernden Kundenbedürfnisse zu erkennen, neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln und echte Innovationen zu schaffen, bedarf es der passenden Mitarbeiter im Unternehmen und der tatsächlichen Bereitschaft, das gesamte Unternehmen, seine Prozesse sowie die Arbeitskultur an den Bedürfnissen der Kunden und Mitarbeiter neu auszurichten.

Die erfolgsverwöhnte deutsche Wirtschaft konnte es sich angesichts der jahrelang guten Konjunktur leisten, eher zögerlich auf die Digitalisierung zu reagieren. Doch die Unternehmen haben längst begriffen, dass die Digitalisierung ein echter Game Changer ist: In einigen Branchen dringen amerikanische und chinesische IT-Konzerne in neue Geschäftsfelder vor, weil sie ihren Vorsprung beim Sammeln und Auswerten von Daten geschickt in neue Geschäftsmodelle ummünzen. In anderen Bereichen übernehmen kleine und wendige Start-ups mit innovativen Ideen Marktanteile und Kunden der bisherigen Platzhirsche. Zwar verfügen laut einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom [1] mittlerweile 72 Prozent der Unternehmen über eine Digitalstrategie, doch umgekehrt geben nur 15 Prozent der Unternehmen an, auf oberster Führungsebene diese Strategie tatsächlich implementiert zu haben. Das Problem an dieser deutlich sichtbaren Diskrepanz zwischen vorhandener Strategie und organisatorischer Verankerung ist klar: Eine Digitalisierungsstrategie kann nur erfolgreich sein, wenn die richtigen Ziele gesetzt werden und die richtigen Mitarbeiter vorhanden sind, um diese Ziele zu erreichen. Doch ist das aktuell der Fall?

Unserer Erfahrung nach verkennen viele Unternehmen das Wesen der Digitalisierung als einen gleichermaßen technischen und sozialen Veränderungsprozess, der nur funktioniert, wenn die Menschen in den Mittelpunkt gestellt werden. Daher setzen die Unternehmen oft auch die falschen Schwerpunkte bei ihrer Digitalisierungsstrategie und vernachlässigen die Mitarbeiterebene bei der Strategieumsetzung. Doch ohne die notwendigen digitalen Kompetenzen der Mitarbeiter kann dieser Transformationsprozess nicht gelingen. Dabei geht es nicht nur um technische Kompetenzen wie das Wissen um Programmierung, Cloud Computing und Künstliche Intelligenz, sondern vor allem um die Anpassungsfähigkeit im Umgang mit sich schnell verändernden Situationen, sowie die Bereitschaft offen und aufgeschlossen für die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams zu sein. Die Förderung dieser Kompetenzen ist viel wichtiger als das, was momentan im Fokus der Unternehmen steht: die Digitalisierung bestehender Prozesse und die Einführung neuer Tools, mit denen die Mitarbeiter zurechtkommen müssen.

Gezielte Personalmaßnahmen ebnen den Weg

Mit Blick auf Unternehmen, die ihre Digitalisierungsstrategie erfolgreich gestalten, halten wir folgende Schritte für notwendig:

  • Strategie festlegen und den Wandel erklären
    Die entscheidenden Fragen für die Geschäftsführung im Rahmen der Digitalisierung lauten: Was wünscht sich der Kunde und wie können seine Wünsche erfüllt werden? Wie muss unser Geschäftsmodell aussehen, damit auch zukünftig Wertschöpfung im Unternehmen generiert wird? Bedingungslose Kundenorientierung und das Streben, den Nutzen des Kunden zu steigern ist das, was aus kleinen IT-Start-ups im Silicon Valley die wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht hat. An diesem Ziel sollten alle Prozesse im Unternehmen ausgerichtet werden. Die dadurch im Unternehmen ausgelösten personellen und organisatorischen Veränderungen müssen durch sehr viel Kommunikation erklärt werden. Nur dann sind die Mitarbeiter bereit, die auch für sie damit verbundenen Chancen zu sehen und diesen Weg aktiv mitzugestalten.
  • Agile Arbeit und Anpassung der Führungskultur
    Daten sind der Rohstoff der Digitalisierung. Keine Führungskraft kann jedoch allein aus der ungeheuren Datenmenge parallel zum bestehenden Business neue Ideen für Geschäftsmodelle und Produkte entwickeln. Dazu benötigt man interdisziplinäre Teams aus Spezialisten der verschiedensten Unternehmensbereiche. Eine Kernaufgabe von Führung ist es daher, Innovationen in sich dynamisch verändernden Märkten durch solche Teams zu ermöglichen. Die Offenheit für neue Arbeitsprozesse sowie ein daran angepasstes Führungsmodell sind daher wichtige Komponenten von digitaler Führung. Das erfordert ein Umdenken bei Führungskräften und die Bereitschaft, den Mitarbeitern mehr Verantwortung zu überlassen. Hinzu kommt, dass sich die Führungskräfte an die Werte und Einstellungen der neuen Mitarbeitergeneration anpassen, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen und dabei eine neue Erwartungshaltung mitbringen. Genau darin liegt jedoch auch eine Chance, den Veränderungsprozess im Unternehmen zu beschleunigen.
  • Führungskräfte und Mitarbeiter gezielt weiterentwickeln
    Die Digitalisierung prägt die Arbeitswelt vor allem durch das rasante Tempo der Veränderung, das von ihr ausgeht. Um mit diesem Tempo Schritt halten zu können und die eigene Arbeitsweise an die veränderten Anforderungen anzupassen, bedarf es vor allem einer ausgeprägten Veränderungskompetenz. Hierfür sind eignungsdiagnostische Methoden unabdingbar, um valide Persönlichkeits- und Kompetenzprofile erstellen zu können. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass die Fähigkeiten der Mitarbeiter mit gezielten und individuell zugeschnittenen Trainings und Personalmaßnahmen verbessert werden können. Dafür müssen in einem ersten Schritt die für die jeweilige Aufgabe im Unternehmen notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten mit Blick auf die Digitalisierungsstrategie definiert werden – sie können je nach Funktion sehr unterschiedlich ausfallen. Der Abgleich aus den Anforderungen der jeweiligen Position sowie den fachlichen und persönlichen Kompetenzen des Stelleninhabers deckt auf, wo Handlungsbedarf besteht. Grundlegende Dinge wie Offenheit und Akzeptanz für Veränderung lassen sich dabei ebenso gezielt verbessern wie Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie kollaborative Arbeitsweisen.
  • Die passenden Tools auswählen
    Natürlich geht mit der Digitalisierung auch der Einsatz neuer Tools und Prozesse einher. Doch neue Tools sind immer nur Mittel zum Zweck, denn hier gilt die englische Redensart: „A fool with a tool is still a fool." Anstatt zuerst die Tools auszuwählen und dann von den Mitarbeitern zu verlangen, damit die Ziele zu erreichen, sollten Unternehmen zuerst prüfen, ob die Tools den Mitarbeitern tatsächlich bei der Zielerreichung helfen können. Dasselbe gilt für die Prozesse: Wer einen schlechten Prozess digitalisiert, erhält nur einen schlechten digitalisierten Prozess. Es kommt also zuerst darauf an, die Prozesse anhand der strategischen Ziele neu auszurichten und dann zu digitalisieren. Beides – die richtige Auswahl von Tools und Prozessen – setzt digital kompetente Fach- und Führungskräfte voraus, womit sich der Kreis schließt: Zuerst kommt der Mensch, dann die Technik.

Digitalisierung gelingt nur mit den Menschen, nicht gegen sie

In einer Zeit des raschen technologischen Wandels ist und bleibt der Mensch mit seiner Innovationsfähigkeit, Kreativität und Führungsstärke der wesentliche Faktor für unternehmerischen Erfolg. Durch gezielte Investitionen auf Mitarbeiterebene kann die Digitalisierungsstrategie erfolgreich und in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis umgesetzt werden. Das ist für die Unternehmen vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Abkühlung der Konjunktur von großer Bedeutung. Die Anpassung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens an die Erfordernisse einer digitalisierten Wirtschaft wird auch in Zukunft Top-down verlaufen, doch die Umsetzung muss parallel auf allen Ebenen stattfinden. Denn nur wenn alle wissen, warum die neue Strategie notwendig ist und über die für ihre Funktion notwendigen fachlichen und persönlichen Kompetenzen verfügen, kann die Digitalisierungsstrategie zum gewünschten Erfolg führen.

Wenn Sie mehr über dieses Thema wissen möchten oder eine persönliche Kontaktaufnahme wünschen, dann melden Sie sich bei Benjamin Renk und Maximilian Junck:

Benjamin Renk  |  Senior Consultant & Practice Lead Process Technology & Packaging
Mobil: +49 160 98 99 36 99  |  Office: +49 211 550 43 0

Maximilian Junck  | Consultant
Mobil: +49 160 91 33 82 25  |  Office: +49 211 550 43 0


Reference

  1. https://www.bitkom.org/sites/default/files/2019-04/bitkom_charts_hub_-_digitalisierung_der_wirtschaft_10_04_2019_final.pdf